Archiv 2013

MAX PROSA

RANGOON
VÖ. 19. APRIL 2013

‚Rangoon! Verstehst du? Rangoon! Das isses!‘, sagte der Clown zum Fremden im langen, schwarzen Mantel. ‚Der ganze Zirkus hier ist doch nur reine Ouvertüre. Komm mit nach Rangoon!...’ ‚Charlie surft nicht!‘ Der Fremde bellte trotzig wie ein Hund. ‚Nun, was willst du? Die Ferne ist hier!’ *

Im letzten Jahr wurde Max Prosa vom Feuilleton als junger Poet entdeckt. Mit dem Titel seines Debütalbum prophezeite er: „Die Phantasie wird siegen“. Gerade mal ein Jahr später meldet er sich nun zurück, um dieses lyrische Versprechen einzulösen und einen entschiedenen Schritt weiter zu gehen:
RANGOON. Zwölf Songs, zwölf Farben, zwölf starke Texte.

„RANGOON steht für mich als Symbol der Gegensätze und Widersprüche: Sehnsucht und Realität, ferne Strände und Verlust der Natur, heile Welt und blutiger Krieg, Kampf und Ohnmacht, Kunst und Politik. Genau das fasziniert mich, darum geht es in den Songs.“

Max Prosa schafft es auf seinem neuen Album kunst- und kraftvoll mehr zu sagen als heute üblich ist. Neben klassischem Songwriting, das an den lyrischen Folk des Vorgängeralbums erinnert, hat Prosa auch Songs dabei in denen er mit Koventionen bricht und Rockmusik in sich neu definiert.
Bei zwei, drei Stücken verlässt er das Genre und versetzt den Markstein, lässt keine Eingrenzung mehr zu.
Einige der neuen Lieder entstanden schon auf der ausverkauften Tour zu „Die Phantasie wird siegen“, zwischen Soundcheck und Tourbus, auf der langen Reise.
Am Ende des Festivalsommers 2012 wurde sofort mit den Sessions begonnen. Die Töne durften ohne vorgegebenes Soundkorsett einfach entstehen und fließen. Auf Zuruf wurden die Mikrofone eingeschaltet und die unverfälschte Atmosphäre eingefangen: Ein Prinzip, das Max Prosa und sein Umfeld brauchen wie andere die Luft zum Atmen.
Das wirklich neue an RANGOON ist die Tiefe der Widersprüche und Fragen, die Prosa mal poetisch verschlüsselt mal konsequent explizit behandelt. Neben den ganz persönlichen Dingen des Daseins, spricht er ganz bewusst und sehr direkt Themen an, die so vielen unter den Fingernägeln brennen. Es geht um unsere Zukunft.

„Die schnelle Lösung der Probleme dieser Welt gibt es nicht. Und doch ist es wichtig immer wieder die richtigen Fragen zu stellen, um ein Bewusstsein zu schaffen, sodass sich wirklich und nachhaltig etwas verändern kann und diese Welt auch morgen noch lebenswert ist.“
Eine eigene lebenswerte Welt hat Max Prosa sich in seinem persönlichen und künstlerischen Umfeld schon geschaffen. Da ist zu allererst die Band, die ihn schon seit Jahren auf Tour begleitet: Joda Foerster (Drums), Erez Frank (Bass), Stefan Ebert (Keyboards) sowie die Gitarristen Alex Binder und Magnus Olsen. Allesamt authentische Musiker, Jongleure und Charaktere, in deren Chemie der Sound von RANGOON entstehen konnte. Das mobile Studio der Toningenieure Peter Thomas und Markus Abendroth (Produktionsteam zodiaque) ermöglichte den Musikern die Freiräume, nach denen sie sich sehnten: Mal wurde in einer einsamen Hütte im Thüringer Wald aufgenommen, mal in einem alten abgelegenen Bauernhaus in der Lüneburger Heide, mal in den Räumen des ehemaligen planet roc Studios in Berlin.
Wie seine Musik ist Max Prosa nicht an Orte gebunden, vielmehr an Ideen. Und so verwundert es nicht, dass er jetzt mit RANGOON im Gepäck, gegen den Trend die Metropole Berlin verlässt und seinen Lebensmittelpunkt nach Leipzig verlagert. Die Konzentration auf das Wesentliche vor einem neuen Horizont.

RANGOON beginnt mit „Der Clown“, einer perfekten Brücke von „Die Phantasie wird siegen“. Perlende Akustik-Gitarren nehmen den prosaischen Faden des Vorgängeralbums auf, hintergründig deutet sich aber eine Wandlung an. Erst Streicher, dann ein Gewitter, das in „Charlie“ trotzig gesteigert wird. Bläser begleiten das treibende loopartige Gerüst, übernehmen Melodiepassagen, wirken wie Zitate aus dem Modern Jazz. Dieses neue Soundgewand wird in „Zwei Falter“ und „Zauberer“ fortgeführt und erfährt erst danach eine kurze Rast im Chanson „C‘est la vie“, wieder eingerahmt von akustischen Gitarren. In „Chaossohn“ spannt Max Prosa einen dramatischen Bogen. Aus Trotz und Empörung wird Wut auf die Machthaber dieser Welt, die sich um so wenig mehr kümmern als sich selbst. Entfesselte Gitarren illustrieren das Chaos, in das wir geworfen sind.
Der musikalische Ausreißer des Albums folgt auf dem Fuß: „Verlorene Söhne“: frisch und unbekümmert, rhythmisch-hypnotische Gitarren über einem Text mit biblischen Bildern und kämpferischen Ansagen. Ein einzigartiges Stück Musik ist „Rangoon“, getragen von einem mystischen Bläsersatz entfalten sich ungewohnte Klänge. Prosa beklagt das Massaker an den Mönchen der Safran Revolution in Myanmar. Trauer und Hoffnung. „Alles wird gut“.
Mit diesem Album hat sich Max Prosa von allen Vorbildern freigemacht und seinen eigenen Weg definiert. Das behutsam arrangierte „Café Noir“ ist das Grande Finale des Albums. Und die Rückkehr zur Akustikgitarre. Noch einmal verneigt sich Max Prosa vor seinem großen Vorbild, dem er mit diesem Lied ein liebevolles Dankeschön zuruft.

Im Laufe der Jahre hat sich der künstlerischer Kosmos um Max Prosa ständig erweitert. Die Liste der Gastmusiker ist lang. Eine besondere Freundschaft verband Max Prosa schon lange vor den Aufnahmen mit Misha Schoeneberg (Autor des Travellerbuches „Geister der gelben Blätter“, früher bei Ton Steine Scherben). Er übernahm als Mentor das Lektorat der Texte, begleitete Prosa dabei, die Idee von RANGOON zu strukturieren, und so entstanden einige Lieder in den lyrischen Gefilden ihrer Zusammenarbeit. Ausserdem hatte er eine Überraschung im Gepäck: Max Prosa singt die von Schoeneberg ins Deutsche übertragene und von Leonhard Cohen genehmigte Version eines Klassikers: „Hallelujah“!

Zurück